Oxidationszahlen
Die Oxidationszahl ist ein Konzept zur Verallgemeinerung von Ionenladungen. Man schreibt auch in Molekülverbindungen allen Atomen eine fiktive Ionenladung zu, obwohl dort keine Ionenbindungen vorliegen.
Auch bei Reaktionen unter Beteiligung von Molekülverbindungen kann es zu einer Elektronenübertragung kommen. Durch das Konzept der Oxidationszahl kann bestimmt werden, welches Atom in einem Molekül formal Elektronen auf- oder abnimmt. Formal deswegen, weil die Elektronenauf- oder -abnahme real durch das gesamte Molekül erfolgt.
Regeln:
Die Oxidationzahl im elementaren Zustand ist Null. Dies gilt sowohl für Atome als auch Elemente, die elementar als Molekül vorliegen (O2, N2, H2 …)
Die Oxidationszahl eines einatomigen Ions ist gleich seiner Ionenladung.
Die Summe der Oxidationszahlen aller Atome eines Molekülions ist gleich der Ladung dieses Ions.
Die Summe der Oxidationszahlen aller Atome eines neutralen Moleküls ist Null.
Fluor hat als elektronegativstes Element in allen Verbindungen die Oxidationszahl –I.
Sauerstoff, das zweit-elektronegativste Element, hat meistens die Oxidationszahl –II. Ausnahmen liegen vor, wenn Sauerstoffatome miteinander verbunden (Peroxide) oder an Fluor gebunden sind: KO2, Na2O2, OF2
Wasserstoff hat in Verbindungen mit Nichtmetallen die Oxidationszahl +I. In Metallhydriden (z.B. LiH, MgH2) hat Wasserstoff die Oxidationszahl –I.
Beispiel Kaliumpermanganat
Kaliumpermanganat (KMnO4) ist eine gutes Beispiel, da mit Mangan ein Nebengruppenelement vorkommt, dessen Wertigkeit man nicht ohne Weiteres an der Gruppenzugehörigkeit erkennen kann. Die Oxidationszahl lässt sich aber indirekt durch die Elemente erschließen, deren Wertigkeit man kennt.
Es steht in der Summenformel ein Metall (K: Kalium) vorne - daher handelt es sich um eine Ionenverbindung
Kalium (K) steht in der ersten Hauptgruppe, In der ersten Hauptgruppe geben die Elemente ein Elektron ab, um eine Edelgaskonfiguration zu erreichen. Kalium liegt in einer Ioenverbindung als Kaliumion K+vor. Die Oxidationszahl von Kalium ist damit +I.
Sauerstoff (O) steht in der sechsten Hauptgruppe. In der sechsten Hauptgruppe nehmen die Elemente zwei Elektronen auf, um eine Edelgaskonfiguration zu erreichen. Sauerstoff liegt in einer Ionenverbindung als Oxidion O2- vor. Die Oxidationszahl von Sauerstoff ist damit -II. In Kaliumpermanganat kommen vier Oxidionen vor mit jeweils der Oxidationszahl -II. Damit sind es insgesamt acht negative Ladungen.
Mit einer positiven Ladung durch das Kaliumion und acht negativen Ladungen durch die Oxidionen, werden noch sieben positive Ladungen durch das Mangan-Ion benötigt, da das Molekül ja insgesamt neutral ist. Das Mangan-Ion ist als siebenfach positiv geladen (Mn7+). Die Oxidationszahl von Mangan ist damit +VII.
Beispiel Ethanol
Ethanol ist eine Molekülverbindung. Sehr oft werden Oxidationszahlen an der Oxidationsreihe der Alkohole diskutiert, weswegen sich Ethanol sehr gut für einen Einstieg handelt.
Es sollen jetzt die Oxidationszahlen aller Atome im Ethanolmolekül bestimmt werden.
Schritt 1
Zunächst werden alle Atomrümpfe mit den Elektronegativitätswerten der entsprechenden Elemente versehen:
Jetzt ermittelt man eine formale Zugehörigkeit der jeweiligen Bindungselektronenpaare. Dabei gelten zwei einfache Regeln:
Das Elektronenpaar gehört vollständig dem elektronegativeren Bindungspartner
Sind die Elektronegativitätswerte beider Bindungsparter gleich, wird das Elektronenpaar geteilt
Freie Elekronenpaare gehören immer vollständig dem Bindungspartner, bei dem sie stehen
Schritt 2
Man kennzeichnet durch Striche, welche Elektronen zu welchem Atomrumpf gehören. Der gelb markierte Bereich ist derjenige, der für viele Anwendungen der relevanteste ist.
Jetzt kann man die Oxidationszahlen aller Atome durch Auszählen berechnen. Du kannst die Erklärungen für das jeweilige Atom ausklappen, damit du nicht hoch- und hinuterscrollen musst.
Alle Wasserstoffatome
Die Bindungselektronenpaare zu allen anderen Atomen gehören dem jeweiligen Bindungspartner vollständig, da Wasserstoff den geringsten Elektronegativitätswert aller Atome im Ethanolmelokül besitzt.
Wasserstoff steht in der 1. Hauptgruppe, braucht also ein Elektronen, um neutral zu sein.
Wasserstoff fehlt immer dieses eine Elektron, da es formal 0 Elektronen besitzt.
Damit ist das Wasserstoffatom formal einfach positiv geladen, besitzt also die Oxidationszahl +I.
Das erste Kohlenstoffatom (links)
Die Bindungselektronenpaare zu den Wasserstoffatomen gehören dem Kohlenstoffatom formal vollständig. Es sind sechs Elektronen.
Das Bindungselektronenpaar zum zweiten Kohlenstoffatom gehört ihm nur zur Hälfte. Daher kommt formal noch ein Elektron dazu.
Kohlenstoff steht in der 4. Hauptgruppe, braucht also vier Elektronen, um neutral zu sein.
Formal hat das Kohlenstoffatom nun sieben (6+1) Elektronen, also drei zusätzliche.
Damit ist das Kohlenstoffatom formal dreifach negativ geladen, besitzt also die Oxidationszahl -III.
Das zweite Kohlenstoffatom (rechts)
Die Bindungselektronenpaare zu den Wasserstoffatomen gehören dem Kohlenstoffatom formal vollständig. Es sind vier Elektronen.
Das Bindungselektronenpaar zum zweiten Kohlenstoffatom gehört ihm nur zur Hälfte. Daher kommt formal noch ein Elektron dazu.
Das Bindungselektronenpaar zum Sauerstoff gehört vollständig dem Sauerstoffatom. Hier können dem Kohlenstoffatom keine Elektronen zugerechnet werden.
Kohlenstoff steht in der 4. Hauptgruppe, braucht also vier Elektronen, um neutral zu sein.
Formal hat das Kohlenstoffatom nun sieben (4+1+0) Elektronen, also ein zusätzliches.
Damit ist das Kohlenstoffatom formal einfach negativ geladen, besitzt also die Oxidationszahl -I.
Das Sauerstoffatom
Das Bindungselektronenpaar zum Wasserstoffatom gehören dem Sauerstoffatom formal vollständig. Es sind zwei Elektronen.
Das Bindungselektronenpaar zum Kohlenstoffatom gehören dem Sauerstoffatom formal vollständig. Es sind zwei Elektronen.
Die beiden freien Elektronenpaare gehören dem Sauerstoffatom formal vollständig. Es sind vier Elektronen.
Sauerstoff steht in der 6. Hauptgruppe, braucht also sechs Elektronen, um neutral zu sein.
Formal hat das Sauerstoffatom nun sieben (2+2+4) Elektronen, also zwei zusätzliche.
Damit ist das Sauerstoffatom formal zweifach negativ geladen, besitzt also die Oxidationszahl -II.
Man sieht:
Wasserstoff hat im Ethanol immer die Oxidationszahl +I, Sauerstoff die Oxidationszahl -II (vgl. Regeln für die Oxidationszahlen)
Die Summe aller Oxidationszahlen im Molekül entspricht 0 (6x Wasserstoff +I, 1x Sauerstoff -II, 1x Kohlenstoff -III, 1x Kohlenstoff -I: 6*1+(-2)+(-3)+(-1) = 0), Ethanol ist ein neutrales Molekül.
Übungen
Aufgabe 1
Bestimme die Oxidationszahlen aller Atome im Chromation (CrO42-). Achte drauf, dass das Chromation zweifach negativ geladen ist.
Lösung
Da Oxidionen O2- (fast) immer die Oxidationszahl -II haben, liegen hier insgesamt acht negative Ladungen vor. Das Chromation ist zweifach negativ geladen, d.h. zwei negative Ladungen müssen verbleiben. Damit muss das Chromatom sechsfach positiv geladen sein und damit die Oxidationszahl +VI besitzen.
Aufgabe 2
Bestimme die Oxidationszahlen aller Atome im Ethanalmolekül.
Prüfe im Anschluss durch Zusammenrechnen aller Oxidationszahlen, ob deine Lösung stimmt.
Lösung
Schritt 1
Schritt 2
Aufgabe 3
Bestimme die Oxidationszahlen aller Atome im Ethansäuremolekül.
Prüfe im Anschluss durch Zusammenrechnen aller Oxidationszahlen, ob deine Lösung stimmt.
Lösung
Schritt 1
Schritt 2