===== Intermolekulare Wechselwirkungen =====
Molekülgeometrie und funktionelle Gruppen bestimmen sehr entscheidend physikalische Eigenschaften wie den Siede- oder Schmelzpunkt eines Moleküls. Dabei gelten folgende Gesetzmäßigkeiten im Hinblick auf den **Siedepunkt**:
- Je größer die Molekülmasse, desto mehr kinetische Energie ist erforderlich, um ein Molekül aus dem Flüssigkeitsverband in die Gasphase zu überführen und desto höher wird der Siedepunkt der Verbindung liegen.
- Je größer die intermolekularen Wechselwirkungen, desto schwieriger ist es, die Moleküle voneinander zu trennen. Diese Trennung ist jedoch erforderlich für den Übergang in die Gasphase. Daher sind bei großen intermolekularen Wechselwirkungen höhere Temperaturen zur deren Überwindung erforderlich.
- Die Van-der-Waals-Kraft ist die schwächste intermolekulare Kraft. Sie ist direkt abhängig von der Kontaktfläche, mit der sich zwei Moleküle berühren können. Die Van-der-Waals-Kraft steigt mit der Länge der Kette und sinkt mit einem wachsenden Verzweigungsgrad des Moleküls.
- Elektrostatische Wechselwirkungen (polare Anziehungskräfte) können nur bei Molekülen wirken, die über eine oder mehrere polare Atombindungen verfügen. Dabei bilden sich Partialladungen aus. Entgegengerichtete Partialladungen bedingen eine elektrostatische Anziehungskraft. Die Kraft der elektrostatischen Anziehungskräfte überwiegt gerade bei kleinen Molekülen mit wenig Kontaktfläche in ihrer Stärke oft die Van-der-Waals-Kraft, weil sie eben dauerhaft (= statisch) auftreten und nicht wie die Van-der-Waals-Kräfte temporär induziert und damit von statistischen Gegebenheiten abhängig sind. Bei großen Molekülen kann der Betrag der Van-Der-Waals-Kraft jedoch beträchtliche Größenordnungen aufweisen.
- Wasserstoffbrückenbindungen sind sehr starke intermolekulare Wechselwirkungen und in ihrer Stärke den Van-der-Waals- und elektrostatischen Kräften übergeordnet Für ihre Ausbildung muss Wasserstoff polar gebunden und mindestens ein freies Elektronenpaar vorhanden sein.
**Aufgabe:**\\
Ihnen liegen fünf organische Verbindungen vor, deren Siedepunkt jeweils über dem Molekül angegeben ist. Begründen Sie nachvollziehbar anhand der Moleküleigenschaften, warum die Siedepunkte vom Methan bis zum Wasser in dieser Reihe ansteigen!
Methan (-162°C), Tetrafluormethan (-128°C), 2-Methylbutan (28°C), n-Pentan (36°C) und Wasser (100°C)
++++Lösung |
Die zu besprechenden Moleküle besitzen folgende Molekülmassen:
Methan (16u), Tetrafluormethan (88u), 2‑Methylbutan (72u), n‑Pentan (72u), Wasser (18u)
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**1.) Methan:**
Methan besitzt die kleinste Molekülmasse bei einer sehr geringen Kettenlänge, sodass intermolekulare Bindungskräfte nur äußerst schwach wirken. Daher hat Methan den geringsten Siedepunkt.
**2.) Tetrafluormethan**
Tetrafluormethan hat eine höhere Molekülmasse als Methan oder n‑Pentan und 2‑Methylbutan und müsste daher den zweithöchsten Siedepunkt besitzen. Offenbar überwiegen bei den beiden letztgenannten Verbindungen offenbar die Van-der-Waals-Kräfte die bei Tetrafluormethan auftretenden elektrostatischen Anziehungskräfte aufgrund der polaren Atombindung zwischen dem Kohlenstoff- und dem Fluoratom. Dies ist durch die größere Kettenlänge begründbar. Daher siedet Tetrafluormethan vor 2‑Methylbutan und n‑Pentan.
**3.) 2‑Methylbutan & n‑Pentan**
Beide Moleküle besitzen zwar die gleiche Molekülmasse, jedoch kann die Van-der-Waals-Kraft beim n‑Pentan durch die weniger verzweigte Kette stärkeren Einfluss gewinnen. Daher siedet n‑Pentan etwas später als 2‑Methylbutan.
**4.) Wasser**
Wasser besitzt mit 18u die zweitniedrigste Molekülmasse, kann aber pro Molekül vier sehr starke Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden. Daher überwiegt hier der Einfluss der intermolekularen Bindungskräfte den Einfluss der Molekülmasse erheblich, sodass Wasser den höchsten Siedepunkt aufweist.
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